Das Wohnheimabteil
- Paul
- 11. Juni 2016
- 2 Min. Lesezeit
Ich war letzte Woche im Wohnheim in Dieburg unterwegs und habe Gregor getroffen. Der Soundie ist vor einem Jahr von einem Internat mit Knabenchor in Dresden in das Wohnheim in Dieburg gezogen. Kulturschock vorprogrammiert?

„Meine Mitbewohner kenne ich gar nicht so wirklich. Auf dem Flur hier haben wir einfach nicht viel miteinander zu tun. Es ist ziemlich unpersönlich.“ So schildert Gregor sein aktuelle Situation, mit der er nicht ganz glücklich zu seien scheint. „Die eine kennt nicht mal meinen Namen. Und vor meinem Kühlschrank hängt ein Schloss, weil schon mal Sachen geklaut wurden.
Das was Gregor beschreibt, ist ein Problem in vielen Wohnheimen. Seine Flur-Bewohner wurden wild zusammengewürfelt, unabhängig von Studiengang, Interessen oder Alter. In Gregors Fall ergibt sich daraus eine Kombinationen, die nicht wirklich zusammen passt. Jeder lebt quasi in seinem eigenen kleinen Abteil, abgeschottet von den übrigen Leuten auf dem Flur.
Es hat eine Weile gedauert, bis Gregor im restlichen Wohnheim Bekanntschaften geschlossen hat. Er ist jetzt oft in einem Flur obendrüber unterwegs. „ Der Einzige, mit dem ich ich mich von meinem Flur recht gut verstanden habe, ist vor einem Monat leider ausgezogen. Jetzt habe ich noch weniger Kontakt zu meinen Mitbewohnern.“
Tagelang dröhnt der Bass und trotzdem beschwert sich niemand
Nicht nur deshalb ist Gregor auch viel auf seinem Zimmer. Als Student für Sound and Musicproduction hat er sich eine kleines Soundstudio in seiner 16qm-Bude installiert. Das Equipment hat er sich zum Teil selbst mit seinem Vater zusammengebaut und nimmt fast das ganze Zimmer ein. Er produziert elektronische Musik und bietet diese auch großen Produzenten an. Bisher hat er den Durchbruch noch nicht geschafft, aber er ist fest von der Sache überzeugt. „Ich war 8 Jahre lang in einem Internat mit einem Knabenchor. Die Elektro-Musik ist für mich so eine Art Gegenpool.“
Dabei profitiert der 20-Jährige vor allem von den schalldichten Räumen. Ich darf ihm beim produzieren über die Schultern schauen. Während im Zimmer der Bass dröhnt, ist vor der Tür kaum was von der Musik zu hören. Und auch von den Mitbewohnern nicht.
„Manchmal sehe ich die Leute hier tagelang nicht. Aber das ist auch nicht so wichtig. Wir machen ja nicht viel zusammen. Einmal haben wir gekocht, aber das war ein Einzelfall.“
Kein neuer bester Freund
Durch den fehlenden Kontakt kommt es aber auch nicht zu Stress, von wirklich krassen Storys aus seinem Flur kann Gregor nicht berichten. „Wir sind einfach zu unterschiedlich. Aber so habe ich es mir im Voraus auch vorgestellt. Ich habe nie erwartet einen neuen besten Freund hier zu finden.“
Wenn sich die Möglichkeit ergibt, würde der Sound and Music Student gerne in eine WG ziehen. Allerdings bereitet ihm seine elektronische Musik in der Hinsicht Sorge. Der wummernde Bass könnte in einer WG tatsächlich zum Problem werden. Und auch der Preis für sein Zimmer ist unschlagbar. Deshalb wird er in nächster Zeit wohl erst einmal im Wohnheim bleiben. „Sehr stark ist auf jeden Fall auch die Putzfrau, die hier einmal in der Woche sauber macht. Die stinkt zwar oft nach kaltem Rauch, aber es ist trotzdem recht angenehm nicht das Klo putzen zu müssen.“
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